Ich spüre dem nach - und antworte dann: ...dass es so endgültig ist, dass es nichts mehr zu diskutieren gibt - nur noch ein "wie gehe ich nun damit um?" und ein "was macht das mit mir?" - da bleibt die Zeit irgendwie stehen.
Dann drehe ich das Buch ebenfalls um, ich hatte es erst gerade ausgepackt - und da steht: "Am Ende des Lebens herrscht totale Gegenwart." Ja, und vielleicht ist auch dies die Faszination...
Und die Fragen, die immer wieder auftauchen: Was mache ich mit dem Geschenk Leben? Wenn ich am Ende zurückschaue, werde ich glücklich, froh, zufrieden sein? Verfolge ich meinen Plan der Seele - oder lasse ich mich vom Trubel das Alltages in eine andere Richtung führen? usw.
Ich befasse mich auch im künstlerischen Bereich oft mit dem, was mir begegnet, was ich finde, was mir auffällt. Wenn mir das Leben also ein totes Vögelchen vor die Füsse schmeisst, dann lasse ich mich darauf ein. Passiert etwa vor einem Jahr an einem frischen Morgen im Juni:
Kalt und steif lag es vor mir auf dem Boden im Garten. Ich schaute es mir genau an, guckte, ob da noch etwas zu machen sei, es war schon tot - und dann passierte etwas, das ich nicht erwartet hätte: Ich konnte die Schönheit im Tode sehen, die Stimmigkeit darin spüren, die Leichtigkeit, das Warme - das war ein riesen Geschenk.
Ich hielt die Szene mit dem Fotoapparat fest, suchte Perspektiven, die mehr aufzeigen als "nur" Tod, ich schrieb Texte dazu - und kremierte das Vögelchen am Ende in der Feuerschale, bis nur noch ein Hauch Asche zurück blieb.
"Aus dem Nest gefallen... Wie oft fühle ich mich so, weil ich mich selbst verlasse?" "Kalt ist es - da draussen, harter Aufprall, Lichter aus... ...und dann die Stimmigkeit darin fühlen. Die Leichtigkeit, die Wärme im Tod. Das Lichte und Leichte wahrnehmen. Tiefer Friede, der neben abgrundtiefem Schmerz steht, Hand in Hand, DAbleiben, stehen bleiben, fühlen - alles da-SEIN lassen." Beyond the silence. Jenseits der Stille. |
„Was bleibt von einem Menschenleben?
Die Hülle auf ein Häufchen Asche reduziert.
Federleichte, graue Asche -
ein Windhauch reicht, um sie wegzutragen.
Die ganze Schwere des Lebens verbrannt,
die Mühe, die Sehnsucht, den Schmerz.
Die Asche bleibt hier,
die Seele zieht weiter in andere Räume.
So viel Freiheit, Liebe und Leichtigkeit auf einmal.
Ein Herz, geboren um zu fliegen…,
gute Reise…“
(Rahel Suter-Portmann, im Januar 2016)
Für mich gehört der Tod so sehr zum Leben wie die Geburt, das Wachsen, das Verblühen, das Krank-sein, die Lebensfreude und Lebenslust. Es macht mich auch traurig, wenn ein lieber Mensch in meinem Leben stirbt. Aber ich spüre immer auch eine riesige Kraft darin - vielleicht ist es die Kraft der Gegenwart, der Stimmigkeit, der Erlösung - oder auch einfach die Freude darüber, dass sich ein Kreis geschlossen hat - und es weitergehen kann im Laufe der Spirale...? Ich weiss es nicht. Kann es nicht erklären. Es fühlt sich einfach so an.
Und ja - vielleicht können Tote tanzen?...