Arno Stern entwickelte die Idee des „Malorts“, als er nach Ende des 2. Weltkriegs eine Gruppe von Kriegswaisen beschäftigen sollte, die er malen ließ. Seit den 1950er Jahren organisierte er in Paris die „Académie du Jeudi“ (dt.
„Donnerstagsakademie“) als Vorläufer des heutigen Malorts (franz. „Closlieu“). Der Name „Donnerstagsakademie“ ist
darauf zurückzuführen, dass der Donnerstag damals ein schulfreier Tag in Frankreich war. Stern wollte einen Ort schaffen, an dem die Kinder ohne Zwang und Konkurrenz ihr Innerstes ausleben können. Er verfolgte mit dem Malen keinen therapeutischen Zweck, sondern legte den Schwerpunkt auf die praktische Betätigung. Anfangs beschrieb Stern seiner Forschungen, in deren Rahmen er viele Expeditionen in schriftlose Gesellschaften unternahm und Vergleiche zwischen den Bildsymbolen von Kindern aus aller Welt anstellte. Dies brachte ihn zu der These, dass alle Menschen unabhängig von ihrer Kultur, ihrer ethnischen Herkunft und ihrer Geschichte über das gleiche Reservoir erster Zeichen verfügen: Menschen in Paris, Nomaden in der afrikanischen Wüste oder Urwaldbewohner zeichneten ausnahmslos dieselben Gebilde, obwohl weder ihre Kultur, noch ihre Umgebung die geringsten Ähnlichkeiten aufwiesen. Dieses aus mehr als 70 Zeichen bestehende Fundament, das er „Formulation“ nannte, ist der Ausdruck der sprachlosen Erfahrung, die jeder Mensch in der ersten Phase seiner Entwicklung macht, beginnend im Mutterleib.
Über seine Forschungen hat Stern zahlreiche Bücher veröffentlicht und gibt seit 30 Jahren Seminare und Fortbildungskurse. Inzwischen gibt es weltweit „Malorte“, in denen nach Sterns Ideen gearbeitet wird. Arno Stern geht davon aus, dass jeder Zeichenunterricht, jede Belehrung für Kinder überflüssig und sogar schädlich sein
kann, weil damit die Unbefangenheit des Kindes zerstört wird. Das Interesse an Farbenlehre und Perspektive, kurz: der bildnerischen Kultur komme irgendwann von selbst, sollte aber nicht durch Museums- und Kunstpädagogik geweckt werden. Seine eigenen Kinder ließ Arno Stern gemäß diesen Überzeugungen aufwachsen, ohne sie in die Schule zu schicken oder zu Hause zu unterrichten. Stern und seine Frau, eine Grundschullehrerin, sind sich einig, dass Kinder alles in sich tragen, was aus ihnen werden kann. Eine Anleitung oder systematischen Unterricht bräuchten sie nicht, wohl aber den Freiraum, sich nach ihren Interessen und im eigenen Tempo zu entwickeln.