Und als er fertig war, wusste ich auch gleich, welche ArtWork von Jaya Suberg (http://www.jayasu-berlin.de/) dazu passen würde. Also fragte ich sie an, ob dies in Ordnung sei und bekam das OK - DANKE!
Da liegt eine Wunde tief in uns,
pulsierend,
kraftvoll,
lebendig,
schmerzend,
abgrundtiefer Horror,
bereit jederzeit auszubrechen,
uns zu überfallen mit seiner Wucht,
uns den Boden wegzuspülen,
uns wie ein Blatt im Wind durch Leben zu jagen…
Und wir bauen Mauern,
um dem Schmerz nicht begegnen zu müssen.
Wir lenken uns ab,
reden uns irgendetwas ein,
unterdrücken den Schmerz mit allem,
was uns zur Verfügung steht.
Er bleibt da.
Wir spüren wie er lauert.
Zittern vor Angst.
Meinen sterben zu müssen,
wenn wir nur einen Bruchteil davon erfahren.
Die Wunde bleibt…
Die Sehnsucht,
der Schmerz,
die Angst –
und je mehr wir sie verdecken wollen,
umso stärker wird der Druck.
Eine Begegnung kann die Mauer durchbrechen.
Eine Bemerkung den Schutzwall zum Bersten bringen.
Und in aller Härte trifft uns dieser Urschmerz wieder.
Es zerreisst uns das Herz,
der ganze Körper schmerzt,
wir können uns nicht vorstellen,
damit leben zu können,
die Situation raubt uns die Lebensfreude,
den Mut, die Lust, die Motivation, den Atem -
und das auf einen Schlag.
Wir sträuben uns,
der Schmerz soll weg.
Wut, Trauer, Ohnmacht und Opferhaltung
übernehmen das Ruder,
halten uns gefangen –
und vielleicht bauen wir mühsam die Schutzmauer
des nicht-spüren-wollens wieder auf.
Unerbittlich, Stein um Stein,
beharrlich, ungnädig, hart gegen uns.
Bis zum nächsten Ereignis,
das alle Bemühungen umsonst erscheinen lässt,
das die Mauern wieder niederreisst,
unbarmherzig wie uns scheint...
Vielleicht erkennen wir irgendwann,
dass da nichts weg muss,
dass dieser Schmerz,
egal wie unglaublich gross er ist,
da sein darf,
dass wir damit leben können,
dass wir die Stärke haben,
MIT diesem Schmerz zu leben –
und es gut damit zu haben.
Vielleicht kommt ein Funken Lebensfreude zurück.
Eine Kraft in uns wird spürbar.
Es wird nicht alles einfach licht und leicht.
Das Leben bleibt ein Auf und Ab von Wellen,
die uns überrollen, schieben oder auch tragen.
Aber es ist etwas da,
ein innerer Halt in uns,
ein Ort wo`s ruhiger ist –
gleichzeitig ist da Stärke,
Wärme und Kraft wahrnehmbar.
Ganz sanft sickert sie durch.
Der Schmerz jedoch ist gleichberechtigt,
im Zimmer nebenan,
tobt vielleicht, rüttelt, schüttelt,
drückt uns die Scherben
der Zerbrochenheit ins Herz –
vielleicht ein Leben lang…
Da bleibt uns nur,
in Demut
diese Urwunde, diesen Schmerz
in kleinen Happen zu spüren,
daran zu lecken – und sanft,
mit jedem Wahrnehmen,
mit jedem Spüren,
mit jedem Da-sein-lassen,
einen Seidenfaden zu spinnen,
ihn um die Wunde zu legen -
mit unendlich viel Geduld uns
und dem Schmerz gegenüber,
vielleicht ein ganzes Leben lang,
Faden um Faden spinnen.
© Rahel Suter – Portmann, 11. 08. 2015